Projektsteuerung Bau: Definition und Aufgaben nach AHO
Große und anspruchsvolle Bauprojekte bringen oft eine Vielzahl von Projektbeteiligten mit sich, die alle effizient zusammenarbeiten müssen. Hier kommt die Projektsteuerung ins Spiel: Sie stellt sicher, dass Abläufe reibungslos ineinandergreifen und mögliche Hindernisse rechtzeitig erkannt werden.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was die Projektsteuerung am Bau ausmacht, wie sie sich von der Projektleitung bzw. vom Architekten unterscheidet und welche Aufgaben in der Praxis anfallen.
Was ist Projektsteuerung am Bau?
Die Projektsteuerung ist ein zentraler Baustein im Baumanagement. Ihr Hauptziel besteht darin, den geplanten Zeitrahmen, das Budget und die geforderte Qualität am Bau einzuhalten. Besonders bei umfangreichen Bauvorhaben werden häufig ein oder mehrere Projektsteuerer eingesetzt, um alle Prozesse zu koordinieren, damit Kosten, Termine und Qualitätsanforderungen nicht aus dem Ruder laufen.
Eine professionelle Projektsteuerung am Bau hilft Bauherren und Projektleitern, Zeit, Kosten und Qualität im Griff zu behalten und sich auf strategische Entscheidungen zu konzentrieren. Der AHO liefert dafür ein klares Leistungsbild, unterteilt in fünf Handlungsbereiche und fünf Projektstufen, das die Aufgaben der Projektsteuerer präzise beschreibt. Darüber hinaus setzt die Branche zunehmend auf digitale Lösungen, um Dokumentation, Koordination und Kommunikation weiter zu vereinfachen.
Rolle der Projektsteuerung im Baumanagement
In der Praxis werden die Begriffe Projektmanagement, Projektleitung und Projektsteuerung häufig durcheinandergeworfen. Dabei ist die Projektsteuerung vor allem unterstützend tätig: Sie berät die Projektleitung (oder den Bauherrn) und hilft, das Vorhaben „auf Kurs“ zu halten. Die Projektleitung hingegen trifft verbindliche Entscheidungen und weist die Beteiligten an.
- Projektleitung: Trifft bindende Entscheidungen, erteilt Weisungen und setzt diese durch.
- Projektsteuerung: Berät, koordiniert und überwacht den Projektfortschritt, hat jedoch keine Durchsetzungsvollmacht.
In vielen kleineren Bauprojekten übernimmt ein einzelner Verantwortlicher oder der Architekt sowohl die Aufgaben der Projektleitung als auch der Projektsteuerung. Bei komplexeren oder öffentlichen Großvorhaben empfiehlt es sich dagegen oft, diese Bereiche zu trennen.
Lesetipp: Erfahren Sie, wie Bauprojektmanagement-Software die Koordination in Bauprojekten vereinfachen und eine lückenlose Zusammenarbeit zwischen allen Projektbeteiligten ermöglichen.
Wann lohnt es sich, die Projektsteuerung auszulagern?
Eine eigenständige Projektsteuerung ist vor allem dann sinnvoll, wenn der Bauherr:
- Keine ausreichende Erfahrung im Bauwesen hat.
- Ein besonders komplexes Projekt realisiert.
- Zeitlich oder personell nicht in der Lage ist, Terminpläne, Kosten und Qualität ausreichend zu kontrollieren.
In solchen Fällen agiert der Bauherr meist als Projektleiter (oder bestellt einen Projektleiter), während ein externer Projektsteuerer die Koordination übernimmt. Mitunter gibt es sogar mehrere Projektsteuerer, die jeweils unterschiedliche Teilprojekte betreuen.
Haftet der Projektsteuerer?
Grundsätzlich fällt die Verantwortung für Mängel oder Baufehler auf die Projektleitung zurück. Doch in der Praxis kann es vorkommen, dass der Projektsteuerer ebenfalls in Haftung genommen wird, zum Beispiel wenn er laut Vertrag bestimmte Bereiche der Bauüberwachung übernehmen sollte. Wird die Überwachung unzureichend durchgeführt und es entstehen hieraus Schäden oder Kostenüberschreitungen, kann auch der Projektsteuerer zur Rechenschaft gezogen werden.
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es deshalb ratsam, die genauen Pflichten und Kompetenzen im Vertrag präzise zu regeln. Dadurch wird klar festgelegt, wo die Zuständigkeiten des Projektsteuerers beginnen und enden.
Aufgaben in der Projektsteuerung am Bau
Die Tätigkeiten in der Projektsteuerung sind vielfältig und hängen jeweils vom individuellen Bauvertrag ab. Häufige Aufgaben umfassen:
- Projektpläne erstellen (z. B. Projektstrukturplan)
- Unterstützung bei Vergaben und Beauftragung externer Unternehmen
- Kommunikation und Koordination zwischen Bauherr und den unterschiedlichen Gewerken
- Überwachung des Baufortschritts und Terminplanung (z. B. Bauzeitenplan)
- Kostenmanagement, inklusive Budgetkontrolle und Aufzeigen von Einsparpotenzialen
- Qualitätskontrolle und Einhaltung gesetzlicher Vorgaben
- Frühzeitiges Eingreifen bei Planabweichungen oder drohenden Konflikten
- Ressourcen- und Finanzplanung (z. B. zusätzliche Gelder oder Arbeitskräfte)
- Dokumentation des Bauprojekts und regelmäßiges Reporting an den Bauherrn oder Projektleiter
Wer regelt, was ein Projektsteuerer leisten muss?
1977 enthielt die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) erste Hinweise zu den Aufgaben der Projektsteuerung. In § 31 war seinerzeit ein eigenes Leistungsbild „Projektsteuerung“ festgehalten, das jedoch 2009 gestrichen wurde. Warum war das notwendig? Genau deshalb:
Aufgaben: Projektsteuerung am Bau nach HOAI (veraltet)
Ursprünglich definierte die HOAI unter „Projektsteuerung“ das Übernehmen delegierbarer Auftraggeberfunktionen. Dazu zählten etwa:
- Projektpläne aufstellen und überwachen (Termine, Kosten, Organisation)
- Fortlaufende Abstimmung mit dem Auftraggeber sowie das Einholen von Entscheidungen
- Koordination der Projektbeteiligten (ausgenommen Bauunternehmen)
- Fortschreibung der Planungsziele und Klärung von Zielkonflikten
Der Haken: Diese Tätigkeiten ließen sich nur schwer von den übrigen Architektenleistungen abgrenzen. Streitigkeiten rund um Aufgabenverteilung und Vergütung waren die Folge. Seit 2009 ist deshalb die Projektsteuerung kein eigenes Leistungsbild der HOAI mehr. Stattdessen ordnet man sie unter die besonderen Leistungen ein.
Sparen Sie nicht an einem kurzen Schreiben am Ende der Bauphase – die Fertigstellungsanzeige ist ein wichtiger Schritt, um Ihr Bauprojekt formal und reibungslos abzuschließen.
AHO: Neues Leistungsbild für die Projektsteuerung
Um die Unklarheiten zu beseitigen, entwickelte der „Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V.“ (AHO) ein separates Leistungsbild. Dieses ist in Heft 9 der AHO-Schriftenreihe („Projektmanagement in der Bau- und Immobilienwirtschaft – Standards für Leistungen und Vergütung“) dokumentiert und wird regelmäßig aktualisiert, zuletzt im Jahr 2020. Es grenzt die Projektsteuerung klarer vom Architekten- und Projektmanagement ab.
Aufgabenbereiche der Projektsteuerung nach AHO
Der AHO definiert fünf Handlungsbereiche (A–E) und fünf Projektstufen (1–5). Die Handlungsbereiche gelten in jeder Projektstufe, wobei die Übergänge zwischen zwei Stufen oft fließend sind.
Handlungsbereiche (A–E)
A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
Hierbei organisiert der Projektsteuerer Abläufe und sorgt für eine lückenlose Informationsweitergabe. Zudem verantwortet er die Dokumentation aller Projektschritte.B – Qualitäten und Quantitäten
In diesem Bereich werden Projektziele formuliert und die Einhaltung technischer Standards sowie rechtlicher Vorgaben überprüft. Nachhaltiges Bauen oder spezielle Qualitätskriterien fallen ebenfalls darunter.C – Kosten und Finanzierung
Der Projektsteuerer erstellt bzw. überwacht die Kostenschätzungen (z. B. nach DIN 276), prüft Rechnungen und achtet darauf, dass das Budget im Rahmen bleibt. Bei Bedarf fordert er Budgetanpassungen an.D – Termine, Kapazitäten und Logistik
Zeit- und Terminmanagement zählen zu den Kernaufgaben der Projektsteuerung. Kommt es zu Planabweichungen, muss der Projektsteuerer geeignete Lösungen finden – etwa durch Umschichtungen bei Personal oder Material.E – Verträge und Versicherungen
Ob Prüfen von Vertragsunterlagen, Nachtragsangeboten oder Einschalten der Versicherung bei Schäden: Dieser Bereich deckt alle vertrags- und versicherungsrelevanten Aspekte ab.
Projektstufen (1–5)
Die Handlungsbereiche werden auf folgende Projektstufen angewendet:
- Projektvorbereitung (entspricht HOAI-Leistungsphase 1)
Hier stehen Konzepte, Analysen und erste Planungen im Fokus. Der Projektsteuerer richtet den organisatorischen Rahmen ein. - Planung (entspricht HOAI-Leistungsphasen 2–4)
In dieser Phase werden Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanungen konkretisiert. Terminpläne und Kostenschätzungen entstehen. - Ausführungsvorbereitung (entspricht HOAI-Leistungsphasen 5–7)
Hier startet die Ausführungsplanung und das Vergabeverfahren. Der Projektsteuerer unterstützt maßgeblich bei den Ausschreibungen. - Ausführung (entspricht HOAI-Leistungsphase 8)
Während der Bauphase haben Organisation und Dokumentation oberste Priorität, um Chaos auf der Baustelle zu vermeiden. - Projektabschluss (entspricht HOAI-Leistungsphase 9)
Abschließende Dokumentation, Übergabe an das Facility Management oder die Hausverwaltung sowie die Inbetriebnahmeplanung fallen in diese letzte Stufe.
Gut zu wissen: Honorar ist Verhandlungssache. Die genannten Prozentsätze aus dem AHO-Heft 9 (2020) dienen nur als Anhaltspunkte. Das tatsächliche Honorar für die Projektsteuerung wird letztlich individuell im Vertrag festgelegt und hängt unter anderem von Projektumfang, Komplexität und Verantwortungsbereichen ab.
Bauprojektsteuerung im digitalen Zeitalter
Die Projektsteuerung soll dem Projektleiter Zeit und Nerven sparen, damit er sich vorrangig um strategische Entscheidungen kümmern kann. Damit dieser Entlastungseffekt nicht in zusätzlicher Bürokratie versinkt, braucht es einen modernen Ansatz: Wer ständig von der Baustelle ins Büro pendelt, mit unterschiedlichsten Kommunikationstools jongliert und Protokolle manuell nachträgt, steht rasch vor Überforderung.
In einer Branche, die immer stärker digitalisiert wird (Stichwort Building Information Modeling, kurz BIM), sind schlanke, digitale Tools für die Projektsteuerung unverzichtbar. Diese sollten:
- Ortsunabhängiges Arbeiten ermöglichen
- Schnellen Überblick über das gesamte Projekt bieten
- Kommunikation und Koordination vereinfachen
- Zeit-, Kosten- und Qualitätskontrolle unterstützen
- Einfache Dokumentation ermöglichen
Ebenso wichtig ist die Bereitschaft des Projektsteuerers, sich von überholten Arbeitsweisen zu lösen und innovative Lösungen zu nutzen. Weil er als zentrale Koordinationsstelle fungiert, kann er sämtliche Projektbeteiligten motivieren, gemeinsam effizienter zu arbeiten – eine gewinnbringende Strategie, wenn man künftige Herausforderungen im Bauprojektmanagement meistern will.
FAQ: Projektsteuerung Bau
Ein Projektsteuerer unterstützt den Projektleiter und überwacht, steuert und koordiniert sämtliche Bauabläufe. Sein Fokus liegt darauf, dass die Ziele hinsichtlich Zeit, Kosten und Qualität sicher erreicht werden. Allerdings besitzt er selbst keine Weisungsbefugnis.
Die Projektsteuerung stellt sicher, dass alle Prozesse im Bauprojekt planmäßig verlaufen. Zu den Hauptaufgaben gehören Planung, Analyse, Koordination, Überwachung und Dokumentation – immer mit dem Ziel, Termine, Budget und Qualitätsvorgaben einzuhalten.
Die Projektleitung hat die Entscheidungs- und Weisungsbefugnis. Sie gibt vor, was getan werden muss. Die Projektsteuerung hingegen hat eine beratende und unterstützende Funktion und konzentriert sich auf die operative Umsetzung – ohne eigenständige Anordnungsgewalt.
Der AHO (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e. V.) hat ein eigenes Leistungsbild für die Projektsteuerung definiert. Dieses umfasst fünf Handlungsbereiche (A–E) und erstreckt sich über fünf Projektstufen. Dabei werden Organisation, Qualitäten, Kosten, Termine und Verträge systematisch koordiniert – vom Projektstart bis zum Abschluss.
Dieser Artikel dient ausschließlich Informationszwecken und erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität. Eine Rechtsberatung wird nicht angeboten. Den offiziellen Gesetzestext sowie weitere Paragrafen finden Sie in den entsprechenden Rechtsdokumenten. Bei rechtlichen Fragen oder Unsicherheiten konsultieren Sie bitte einen qualifizierten Rechtsanwalt.